Business in den USA: Warum Deals nicht im Konferenzraum entstehen
Golfplatz statt Konferenzraum, Rooftop-Bar statt Pitchdeck: In den USA entstehen Geschäftsbeziehungen oft anders – persönlicher, direkter. Dieser Erfahrungsbericht zeigt, wie amerikanisches Business wirklich funktioniert – und was wir davon lernen können.

Erfahrungen eines deutschen Unternehmers mit amerikanischer Geschäftskultur
Manchmal sind es nicht die sorgfältig geplanten Meetings, nicht die feinjustierten Pitchdecks, nicht die stundenlangen Vertragsverhandlungen, in denen Business passiert. Manchmal sind es genau die scheinbar beiläufigen Momente – auf dem Golfplatz in Florida, spätabends in einer Rooftop-Bar in Las Vegas – in denen die wirklich wichtigen Entscheidungen vorbereitet werden.
Ich hatte in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrfach das Privileg, mit amerikanischen Partnern zu arbeiten – von der Bay Area bis nach Florida. Und jedes Mal wurde mir aufs Neue klar: Das amerikanische Geschäftsleben folgt eigenen Regeln. Es ist direkter, persönlicher – und zugleich vielschichtiger, als viele Europäer es vermuten.
Golf statt Konferenztisch: Wenn Vertrauen auf dem Fairway entsteht
Eine der eindrücklichsten Erfahrungen machte ich vor einigen Jahren in Florida. Ein amerikanischer Geschäftspartner hatte mich zu einer Reihe von Golfrunden eingeladen – über mehrere Tage hinweg. Jeden Tag trafen wir neue Personen: Investoren, Berater, Unternehmer. Es gab keinen festen Ablauf, keine Agenda, keine PowerPoint-Folien. Nur das gemeinsame Spiel.
Was zunächst wie ein sportlicher Zeitvertreib wirkte, entpuppte sich als hocheffektiver Raum für geschäftliche Gespräche. Zwischen den Schlägen auf dem Grün wurden Fragen gestellt, Erwartungen abgeglichen, Einstellungen ausgetauscht. Nicht in der Sprache der Paragraphen, sondern in der Sprache des Vertrauens. Es ging weniger um Verhandlungstaktik als um persönliche Haltung.
Ich habe dabei eines gelernt: In den USA ist es nicht ungewöhnlich, dass Beziehungen außerhalb formeller Kontexte geknüpft werden. Wer sich in dieser Umgebung öffnen kann, wer bereit ist, über Werte, Ideen und Absichten zu sprechen – nicht nur über Kennzahlen – der gewinnt nicht nur Sympathie, sondern auch echtes Interesse. Die Deals werden später gemacht. Aber sie entstehen genau hier.
Las Vegas: Wenn Business zur Bühne wird
Einen ganz anderen, aber ebenso lehrreichen Kontrast bot eine internationale Fachmesse in Las Vegas. Es war mein erstes Mal in dieser Stadt – und ich hatte das unterschätzt. Wer denkt, man könne sich dort auf Fachwissen und Seriosität allein verlassen, irrt.
Vegas ist Show. Auch im Business. Zwischen blinkenden Spielautomaten und glamourösen Rooftop-Bars wird verhandelt, diskutiert, gepitcht. Aber eben anders. Hier zählt der Auftritt. Wer überzeugen will, muss Präsenz zeigen. Wer gehört werden möchte, braucht nicht nur Argumente, sondern auch eine Geschichte.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem amerikanischen Unternehmer, der mich abends zu einem Dinner auf einem der ikonischen Dächer einlud. Es war laut, bunt, fast surreal – aber das Gespräch war ernsthaft. Nur eben anders geführt: schneller, pointierter, direkter. Ich musste lernen, mit wenigen Worten Wirkung zu erzielen – ohne an Substanz zu verlieren.
Diese Erfahrung hat meinen Stil verändert. Ich habe verstanden, dass Kompetenz nicht immer aus Tiefe entsteht – manchmal auch aus der Fähigkeit, das Wesentliche klar, selbstbewusst und eingängig zu formulieren. Auch das ist Professionalität.
Amerika ist nicht gleich Amerika
Ein häufiger Fehler, den viele Europäer machen: Sie glauben an die amerikanische Geschäftskultur. Doch die USA sind ein Land der Gegensätze – kulturell, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Die Unterschiede zwischen New York und Los Angeles, zwischen Washington und Miami sind oft größer als zwischen München und Hamburg.
Ich durfte verschiedene Regionen intensiv erleben – beruflich wie menschlich. Und jede hatte ihre eigene Sprache, ihren eigenen Rhythmus:
- San Francisco und Los Angeles: Das Denken ist visionär, manchmal fast naiv-offen. In der Bay Area redet man über Ideen, nicht über Strukturen. Wer mit Titeln oder Statussymbolen auftritt, wird eher belächelt. Stattdessen zählt Innovationsgeist. Ich erinnere mich an ein Treffen mit einem Tech-Investor, der mich gleich zu Beginn fragte: „Was ist deine wildeste Idee?“ – nicht: „Was hast du bisher gemacht?“
- New York: Hart, direkt, fordernd. Hier wird in Minuten entschieden, ob eine Zusammenarbeit Sinn macht. Wer hier nicht vorbereitet ist, geht unter. Aber: Wenn man einmal das Vertrauen gewonnen hat, ist die Loyalität beeindruckend. Ich habe dort Verhandlungen geführt, die nach drei Sätzen begannen – und nach fünf abgeschlossen waren. Ohne Small Talk, ohne Umwege.
- Washington, D.C.: Formell, politisch, fast europäisch anmutend. Hier zählt das Netzwerk, die Etikette, das Timing. Gespräche dauern länger, sind strategischer. Ein gemeinsamer Kaffee mit einem Anwalt in Georgetown blieb mir besonders in Erinnerung: Es war wie Schach – höflich, bedacht, aber mit klarem Kalkül.
- Miami: Persönlich, international, schnell. In Miami ist die Atmosphäre lebendig, manchmal unkonventionell. Man duzt sich schnell, spricht mehrere Sprachen in einem Satz und entscheidet oft aus dem Bauch heraus. Gerade in transatlantischen Projekten habe ich hier Erstaunliches erlebt – etwa wie sich komplexe Joint Ventures innerhalb weniger Tage anbahnten, einfach weil zwei Menschen einander sympathisch waren.
Was ich gelernt habe: Haltung schlägt Lebenslauf
Was alle diese Erfahrungen verbindet: In den USA entscheidet nicht allein der Lebenslauf über geschäftlichen Erfolg. Es ist die Haltung, die zählt. Wer sich öffnet, wer klar kommuniziert, wer bereit ist, sich zu zeigen – der wird wahrgenommen. Und wer wahrgenommen wird, hat die Chance, Vertrauen zu gewinnen.
Das bedeutet nicht, dass Inhalte unwichtig sind. Im Gegenteil. Aber sie werden anders vermittelt. Die Amerikaner sind oft schneller im Denken, klarer im Feedback und kompromissloser, wenn sie merken, dass eine Verbindung nicht funktioniert. Aber sie sind auch überraschend offen für Neues – wenn sie spüren, dass die Person auf der anderen Seite überzeugt ist von dem, was sie tut.
Ich habe in all diesen Jahren gelernt, dass Kompetenz in den USA weniger über formale Nachweise entsteht – und mehr über Begegnung. Ob beim Golf, beim Spaziergang oder beim Drink an der Bar: Es sind die Momente, in denen Menschen sich wirklich begegnen, die zählen. Vertrauen entsteht nicht im Lebenslauf, sondern im Gespräch.
Was bleibt?
Wenn ich zurückblicke, dann sind es weniger die Zahlen, Präsentationen oder Vertragswerke, die mir in Erinnerung geblieben sind – sondern die Menschen. Die Orte. Die Art der Gespräche. Die Offenheit, mit der man mir begegnet ist – aber auch die Klarheit, mit der Erwartungen formuliert wurden.
Die USA haben mir eine neue Form von Business gezeigt: weniger formal, aber nicht weniger ernsthaft. Weniger strukturiert, aber oft wirkungsvoller. Es ist ein Business, das auf Haltung setzt – und auf Persönlichkeit. Wer das versteht und bereit ist, sich darauf einzulassen, der wird in den USA nicht nur Partner finden – sondern auch Freunde.
Und vielleicht ist es genau das, was den Unterschied macht.
Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen: www.vonbismarck-x.com