Sanierung ≠ Sparen: Warum viele Eigentümer den falschen Fokus setzen
Viele Eigentümer setzen in der Krise auf Sparmaßnahmen – und verfehlen damit das Ziel. Sanierung heißt nicht Schrumpfen, sondern Stärken. Dieser Beitrag zeigt, worauf es wirklich ankommt – und warum Investitionen oft der Schlüssel zur Rettung sind.

Wenn die Reflexe übernehmen
Kaum ein Begriff wird in Unternehmenskrisen so missverstanden wie „Sanierung“. Für viele Eigentümer bedeutet das: Kosten runter, Investitionen stoppen, Personal abbauen. Die Logik dahinter ist nachvollziehbar: Wenn das Wasser im Schiff steigt, wirft man Ballast über Bord.
Doch dieser Reflex greift zu kurz. Und er ist gefährlich – weil er Symptome bekämpft, aber nicht die Ursache.
Ich habe in den letzten Jahren zahlreiche Unternehmen durch Sanierungsphasen begleitet. Und immer wieder die gleiche Beobachtung gemacht: Eigentümer, die in der Krise zu reinen Sparkommissaren werden, verlieren schnell das Vertrauen ihrer Mitarbeiter, die Geduld ihrer Kreditgeber – und nicht selten das Unternehmen selbst.
Sparen allein ist keine Strategie
Natürlich spielt Kostenkontrolle in der Krise eine Rolle. Wer ineffizient wirtschaftet, überteuerte Lieferverträge hat oder in einem zu teuren Headquarter sitzt, sollte handeln. Aber: Sparen ist kein Selbstzweck. Es ist ein Werkzeug – nicht das Ziel.
Ein Beispiel:
Ein Maschinenbauer kürzt in der Krise radikal alle externen Beratungs- und Entwicklungsbudgets. Die Bilanz sieht kurzfristig besser aus. Doch nach zwölf Monaten fehlen Innovationen, Partnerschaften und marktrelevante Impulse. Die Wettbewerber ziehen vorbei. Der vermeintlich erfolgreiche Sparkurs wird zur Wachstumsfalle.
Der Unterschied zwischen Effizienz und Wirksamkeit
Wer nur effizient arbeitet, läuft Gefahr, am falschen Ziel zu arbeiten – nur schneller.
Wirksamkeit bedeutet: Das Richtige tun. Und genau das ist in der Sanierung entscheidend.
Fragen, die sich Eigentümer in der Krise stellen sollten:
- Funktioniert unser Geschäftsmodell noch?
Hat unser Produkt oder unsere Dienstleistung noch eine klare Marktberechtigung? - Welche Kundensegmente sind wirklich zukunftsfähig?
Sind wir dort präsent, wo die Nachfrage langfristig wächst – oder bedienen wir schrumpfende Märkte? - Wie sieht unsere Kapitalstruktur aus?
Ist unser Unternehmen so finanziert, dass es auch eine Durststrecke überstehen kann? - Welche Investitionen stärken unsere Zukunftsfähigkeit?
Was müssen wir trotz Krise finanzieren, um übermorgen noch am Markt zu sein?
Vom Eigentümer zum Gestalter
Sanierung verlangt eine Haltungsänderung. Wer sie nur als Verwaltung des Mangels begreift, verpasst die Chance zum Neuanfang.
In Wahrheit ist eine Sanierung eine Ausnahmesituation – mit einem besonderen Geschenk: der Legitimation, Dinge grundlegend zu verändern. Strukturen zu hinterfragen, Prozesse neu aufzusetzen, Führung neu zu denken.
Das erfordert Mut. Mut zur Lücke. Mut zur Investition. Und Mut zur Kommunikation.
Ich habe mehrfach erlebt, wie Eigentümer aus der Krise nicht geschrumpft, sondern gestärkt hervorgingen. Nicht, weil sie alles zusammenstrichen – sondern weil sie Prioritäten neu gesetzt haben.
Vier Hebel, die in der Krise oft übersehen werden
1. Geschäftsmodell hinterfragen
Viele Unternehmer klammern sich an das, was einmal funktioniert hat. Aber Märkte ändern sich, Kundenbedürfnisse verschieben sich, Technologien ersetzen alte Prozesse.
Sanierung ist die Gelegenheit, das Geschäftsmodell radikal zu überprüfen:
- Welchen konkreten Nutzen stiften wir heute – und in Zukunft?
- Sind unsere Margen strukturell belastbar?
- Können wir skalieren – oder sind wir in Komplexität gefangen?
Oft ergeben sich hier erste Hinweise darauf, was unbedingt erhalten werden muss – und was getrost losgelassen werden darf.
2. Marktfokus neu definieren
Nicht jede Krise ist eine Finanzkrise. Häufig ist sie eine Wahrnehmungskrise.
Märkte entwickeln sich schneller, als viele Organisationen reagieren. In der Sanierung sollte die Frage gestellt werden:
- Welche Märkte und Segmente zeigen Wachstum?
- Welche Kundenbeziehungen sind tragfähig – nicht nur historisch, sondern auch strategisch?
- Wie erreichen wir neue Zielgruppen effizient?
Wer diese Fragen ernsthaft stellt, investiert nicht ins Überleben – sondern in die Zukunft.
3. Finanzierungsstruktur neu denken
Ein zu hoher Fremdkapitalanteil, mangelnde Covenants, kurzfristige Linien – all das kann einem Unternehmen in der Krise das Genick brechen.
Sanierung heißt auch: Kapitalstruktur neu denken.
- Ist Mezzanine eine Option?
- Können nicht-betriebsnotwendige Assets verkauft werden?
- Gibt es Partner, die über Eigenkapital oder strategische Allianzen Stabilität bringen?
Ein robustes Finanzierungskonzept schafft Vertrauen – bei Banken, Investoren und Mitarbeitern.
4. Stakeholder ernst nehmen
Sanierung ist kein Einsiedlerprojekt. Sie gelingt nur, wenn die relevanten Akteure einbezogen werden:
- Banken brauchen belastbare Szenarien und Offenheit.
- Kunden wollen wissen, ob sie weiter beliefert werden.
- Mitarbeiter erwarten Orientierung, nicht nur Ansagen.
Transparente Kommunikation ist kein Nice-to-have – sie ist ein Überlebensfaktor.
Was Sanierung wirklich bedeutet
Sanierung ist Arbeit an der Substanz. Es geht um:
- Relevanz im Markt
- Resilienz im Geschäftsmodell
- Vertrauen bei Kapitalgebern
- Motivation im Team
Sie ist mehr Neuanfang als Rückbau. Mehr Gestaltung als Verzicht.
Klar: Manchmal braucht es kurzfristige Maßnahmen, um die Liquidität zu sichern. Aber das ist kein Sanierungsplan – das ist ein Überbrückungsschritt.
Die eigentliche Arbeit beginnt danach.
Fallbeispiel: Repositionierung statt Schrumpfkur
Ein produzierendes Unternehmen in Süddeutschland verlor durch einen Großkundenverlust rund 40 % seines Umsatzes. Der Reflex: Personalabbau, Investitionsstopp, Reiseverbot. Doch der CFO hatte ein anderes Bild:
Er setzte auf einen Repositionierungsprozess. Gemeinsam mit einem externen Sparringspartner wurde ein neues Marktsegment erschlossen, das zuvor vernachlässigt wurde. Parallel wurde in ein kleines, aber strategisch wichtiges Softwaremodul investiert, das die Prozesse der Kunden erheblich vereinfachte.
Nach 18 Monaten hatte das Unternehmen zwar 15 % weniger Mitarbeiter – aber 30 % höhere Margen und eine stabilere Auftragslage.
Die entscheidende Wende: Der Mut, nicht einfach zu sparen, sondern neu zu denken.
Persönliches Fazit
In der Sanierung zeigt sich, wer wirklich unternehmerisch denkt.
Ich habe Unternehmen erlebt, die sich durch einen schlanken, aber zukunftsorientierten Kurs gesund restrukturiert haben – weil Eigentümer bereit waren, Dinge loszulassen, andere neu zu denken und gezielt zu investieren.
Wer Sanierung ernst meint, muss sich von der Illusion verabschieden, dass alles bleibt wie früher – nur mit weniger Kosten.
💡 Es geht nicht ums Schrumpfen, sondern ums Stärken.
💡 Nicht um Verzicht, sondern um Fokussierung.
💡 Nicht um Kontrolle, sondern um Gestaltung.
Abschlussfrage an Eigentümer, Berater, CFOs:
💬 Welche Rolle spielt Mut zur Investition in euren Sanierungsprojekten?
Habt ihr erlebt, dass gerade gezielte Investitionen den Unterschied gemacht haben?
Ich freue mich auf Eure Perspektiven und Erfahrungen.
Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen: www.vonbismarck-x.com